Thesen zu touristischen KMU-Strukturen

Strukturunterschiede aber kein -wandel

Die Strukturen im KMU-Bereich Tourismus waren vor dem Ausbruch der Pandemie recht stabil und unterstanden kaum einem Wandel. Es bestehen aber grosse Strukturunterschiede zwischen dem Tourismus in den Städten und dem alpinen Raum. Städtische Betriebe der gleichen Branche sind im Schnitt deutlich grösser als im alpinen Raum und der Anteil Einzelfirmen ist niedriger. Im alpinen Raum selbst bestehen auch strukturelle Unterschiede. Dies zeigt sich beispielsweise in sehr unterschiedlich grossen Bergbahnunternehmen.

Strukturwandel
Quelle: Eigene Darstellung. Daten: Bundesamt für Statistik.

Strukturen bestimmen nicht den Einbruch aber die Resilienz

Umsatzeinbussen prägen die kurzfristigen direkten Auswirkungen auf die KMUs im Tourismus. Diese sind unabhängig von deren Struktur, da die Massnahmen zumindest lokal innerhalb der Branchen dieselben sind. Die kurzfristige Resilienz ist hingegen stark vom ursprünglichen Gästeprofil und teilweise von den Strukturen geprägt. So erwiesen sich ländliche Beherbergungsbetriebe, die bereits zuvor stark auf inländische Gäste setzten, als resilienter. Ein Prozent höherer Anteil an ausländischen Gästen verringerte die Erholung bei den Logiernächten um einen Prozentpunkt. Die Grösse der Betriebe hingegen beeinflusste die Resilienz nur im städtischen Raum negativ.

Effekt int. Ausrichtung auf Erholung Logiernächte
Quelle: Eigene Darstellung. Daten: Bundesamt für Statistik.

Covid-19-Kredite verhinderten kurzfristige Insolvenzen

Die Covid-19-Überbrückungskredite wurden bei den touristischen KMU deutlich überdurchschnittlich in Anspruch genommen. So waren Hotellerie und Gastronomie für 12% der Kredite und fast 10% der Kreditsumme verantwortlich, obwohl sie nur ca. 5% der Unternehmen ausmachen. Betrachtet man die Insolvenzen im Gastgewerbe seit dem ersten Lockdown, zeigt sich, dass die Covid-19-Überbrückungskredite sogar zu einer Untersterblichkeit von Betrieben im Gastgewerbe im Vergleich zum langjährigen Trend geführt haben.

Unternehmenssterblichkeit
Quelle: KOF, ETH-Zürich

Geschäftstourismus zeigt kaum Erholung

Während die einheimischen Gäste im Sommer in der Schweiz den meisten alpinen Destinationen einen guten Sommer bescherten, konnten sich der Geschäfts- und Städtetourismus kaum erholen. Die regionalen Unterschiede der Auswirkungen der Krise sind daher teils erheblich. Eine schnelle Erholung des Geschäftstourismus ist nicht zu erwarten.

Räumliche Verteilung der Erholung Logiernächte
Quelle: Eigene Darstellung. Daten: Bundesamt für Statistik.

Eventorganisatoren, Reiseveranstalter und Airlines als grosse Verlierer der Krise

Viele Events und Auslandsreisen konnten 2020 nicht durchgeführt werden oder wurden aus mangelnder Nachfrage storniert. Die Umsatzeinbrüche bei Eventorganisationen, Reiseveranstaltern und Reisebüros betragen daher teilweise bis zu 95%. Auch die Luftfahrtbranche ist erheblich betroffen. Während die ländlichen und alpinen Regionen einen guten Sommer erlebten, war die Erholung in den genannten Branchen auch über den Sommer nur sehr moderat.

Flugbewegungen Flughafen Zürich
Quelle: Eigene Darstellung. Daten: Flughafen Zürich.

Bilanzstrukturen touristischer KMU erhöhen Insolvenzgefahr

Touristische KMU sind aufgrund ihrer Bilanzstrukturen überdurchschnittlich von Insolvenzen gefährdet. Dies liegt daran, dass sie häufig geringe Eigenkapitalquoten aufweisen und das kurzfristige Umlaufvermögen im Vergleich zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten gering ist. Die Covid-19-Überbrückungskredite konnten zwar kurzfristige Insolvenzen verhindern, indem sie die Liquidität aufrechterhielten, drücken aber die Eigenkapitalquote mittelfristig weiter nach unten.

Liquidität nach Branchen
Quelle: Eigene Darstellung. Daten: Bundesamt für Statistik.

Kostenstrukturen touristischer KMU erhöhen Insolvenzgefahr

Der Anteil an variablen Kosten ist bei vielen touristischen KMU gering, wodurch kurzfristige Umsatzausfälle schwerer durch Reduktionen auf der Kostenseite aufgefangen werden können. Dadurch steigt die Gefahr von Liquiditätsengpässen. Da die Kosten für Mitarbeitende einen hohen Anteil an den Fixkosten ausmachen, ist die Kurzarbeit ein gutes Instrument, die touristischen KMU zu unterstützen. Oftmals ist dieses Instrument aber nicht ausreichend.

Kostenstrukturen nach Branchen
Quelle: Eigene Darstellung. Daten: Bundesamt für Statistik.

Nachhaltigkeit als Chance

Die Krise hat verdeutlicht, dass der Erfolg touristischer KMUs sich derzeit fast ausschliesslich an wirtschaftlichen Kriterien bemisst. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung gäbe eine deutlich breitere Abstützung auch in soziale und ökologische Dimensionen ein differenzierteres Bild. Dies würde es auch erlauben, das touristische Angebot so zu entwickeln, dass es die verschiedenen Ziele einer nachhaltigen Entwicklung ausgeglichener adressiert. Viele Hinweise deuten darauf hin, dass insbesondere im MICE-Tourismus das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung gewinnt und durch die Corona-Pandemie zusätzlichen Schub bekommen hat.