Kernkompetenz: Touristischer Strukturwandel

Strukturwandel beschreibt eine wirtschaftliche Dynamik, bei der in bestimmten Branchen Arbeitsplätze abgebaut werden, während in anderen neue entstehen. Auch der Schweizer Tourismus ist stark von diesem Strukturwandel betroffen: Obwohl der Tourismus in der Schweiz nach wie vor eine wichtige Rolle als Arbeitgeber spielt, ist die Beschäftigung in diesem Sektor in den letzten 20 Jahren insgesamt rückläufig. Dies trifft insbesondere auf die Bergregionen zu, wo der Tourismus traditionell eine zentrale wirtschaftliche Funktion inne hat.

Der Strukturwandel im Tourismus wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Zu den wesentlichen Treibern gehören wirtschaftliche und politische Veränderungen, wie etwa der starke Schweizer Franken oder die Zweitwohnungsinitiative. Aber auch Veränderungen im Reiseverhalten – hin zu kürzeren, individuelleren Reisen –, klimatische Veränderungen, die insbesondere den Wintertourismus beeinträchtigen, sowie die fortschreitende Digitalisierung tragen zum Wandel bei. Diese Entwicklungen haben nicht nur Auswirkungen auf die touristischen Arbeitsplätze, sondern auch auf die gesamte touristische Wertschöpfungskette.

Darüber hinaus stehen Tourismusregionen vor der Herausforderung, sich an veränderte Ansprüche der Reisenden anzupassen. Nachhaltigkeit, digitale Erlebnisqualität und die Erwartungen an Authentizität und Gastfreundlichkeit spielen zunehmend eine zentrale Rolle. Dies erfordert nicht nur einen strukturellen, sondern auch einen kulturellen Wandel in der Tourismusbranche. Tourismusunternehmen müssen neue Geschäftsmodelle entwickeln und in digitale sowie nachhaltige Innovationen investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Aufgrund der spezifischen räumlichen Muster des Strukturwandels in der Schweiz sowie dessen Relevanz für den Tourismus widmen wir uns intensiv der Analyse dieser Entwicklungen. Wir untersuchen die Veränderungen der wichtigsten Einflussfaktoren und deren Auswirkungen auf den Schweizer Tourismus. Unser Ziel ist es, Lösungsansätze zu entwickeln, die Tourismusregionen und -unternehmen dabei unterstützen, sich erfolgreich an den Strukturwandel anzupassen und langfristig widerstandsfähig zu bleiben.

Welche Chancen und Herausforderungen stellen sich der Tourismuswirtschaft aufgrund der Digitalisierung?

Die bereits seit längerem in Gang stehende digitale Transformation führt zu grossen (strukturellen) Umbrüchen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Getrieben wird die Transformation insbesondere durch die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien, welche zu Produkt-, Prozess-, und Sozialinnovationen führen können. In Zusammenarbeit mit der Uni St. Gallen, der HES-SO in Sierre und der HSLU in Luzern haben wir im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) einen umfassenden Grundlagenbericht zum Thema «Digitalisierung im Schweizer Tourismus» erarbeitet.

Im Zuge der Digitalisierung verliert die sektorale Betrachtung der Wirtschaft zunehmend an Trennschärfe. Vermehrt entwickeln sich Unternehmen zu hybriden Produzenten von Industriewaren und Dienstleistungen und zeichnen sich durch «Co-Creation» oder «Co-Production» aus. Im Tourismus hat dies zur Folge, dass Wert in einem ganzen Netzwerk von Anbietern, Kunden und weiteren Stakeholdern über die eigene Branche hinaus generiert wird. Der Wertschöpfungsbeitrag kann dadurch nicht mehr immer eindeutig branchenspezifisch zugeordnet werden, so dass Branchengrenzen durchlässig werden. Die Digitalisierung wirkt dabei auf den beobachteten Strukturwandel über die Treiber Nachfragewandel, Globalisierung, vernetzte Produktion und Innovation/Wissen (vgl. Grafik 1).

Strukturell bewegt sich die Wirtschaft vermehrt weg von einer Grossteiligkeit hin zu einer Kleinteiligkeit, begleitet von einer zunehmenden Polarisierung zwischen einerseits grossen konsolidierten Unternehmen und andererseits kleine Betrieben. Dies gilt in besonderem Masse auch für den Tourismus, wo eine bereits bestehende Kleinteiligkeit (KMU-Charakter) durch eine Kleinst-Teiligkeit (Peer2Peer) ergänzt wird. Wer über Know-how im Bereich der Digitalisierung verfügt, hat die Möglichkeit Marktmacht auszuüben. «Digitalisierungsgerechten» Anpassungen im Rahmen der (touristischen) Aus- und insbesondere auch Weiterbildung kommt daher hohe Bedeutung zu.

Laufende Projekte zum Thema Touristischer Strukturwandel

Laufende Projekte
 Arbeitstitel Fragestellung
Autoren
Diversity im Tourismus: Analyse, Handlungsfelder und Massnahmen Das Projekt hat zum Ziel, die strukturellen Herausforderungen in einem ersten Ansatz bezüglich der Vertretung von Frauen, Altersgruppen und kulturellen Merkmalen in touristischen Führungsgremien zu thematisieren. Zudem soll durch eine Tool-Box, einem Code of Best Practice und einem jährlichen Diversity-Reporting sowie kohärenter Stakeholderinteraktion zum Abbau der diversitätsspezifischen Teilung bewegt werden. Monika Bandi Tanner, Barbara Rigassi( BHP – Brugger und Partner AG), Carla Kaufman (GetDiversity)
Tourismusbarometer Gstaad In diesem Projekt wird weiterhin ein Tourismusbarometer für die Destination Gstaad erstellt, indem mithilfe von monatlichen Umfragen bei  verschiedensten Betrieben der Tourismuswirtschaft die wirtschaftliche Entwicklung zeitnah, umfassend und monetär abgebildet wird.In diesem Projekt wird weiterhin ein Tourismusbarometer für die Destination Gstaad erstellt, indem mithilfe von monatlichen Umfragen bei verschiedensten
Betrieben der Tourismuswirtschaft die wirtschaftliche Entwicklung zeitnah, umfassend und monetär abgebildet wird.
Pascal Troxler, Monika Bandi
Berner Bergbahnen und Klimawandel Ziel dieses Projekts soll die Unterstützung der Berner Bergbahnen bei der Transformation hin zu einem zukunftsfähigeren Geschäftsmodell als Reaktion auf den Klimawandel und weitere Herausforderungen auf Branchen- und Betriebsebene sein. Dadurch sollen die Berner Bergbahnen so positioniert werden, dass die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen gemeinsam gemeistert und vorhandene Potenziale realisiert werden können. Monika Bandi Tanner, Adrian Müller, Pascal Troxler, Anja Strahm (Wyss Academy), Roger Neuenschwander (Be Advanced)
Messung der Interaktionsqualität im Schweizer Tourismus Im Fokus steht die systematische und automatisierte Messung und Analyse der Interaktionsqualität zwischen Gästen und Gastgeber:innen. Mit Methoden aus der Computerlinguistik (NLP, Natural Language Processing) werden Online-Gästebewertungen algorithmisch verarbeitet und ausgewertet, um ein besseres Verständnis der Qualität der menschlichen Interaktion in Schweizer Tourismusdestinationen zu erhalten. Monika Bandi Tanner, Mascha Kurpicz-Briki, Jonas Brügger, Tomaso Leoni, Yalda Samim; in Zusammenarbeit mit der RDK (Konferenz der regionalen Tourismusdirektoren der Schweiz)
Regionalökonomische Entwicklung Jungfrau Region Ziel ist die langzeitliche Erfassung der regionalökonomischen Entwicklungen in den zwei alpinen Destinationen der Region (Grindelwald/Lauterbrunnen und Meiringen/Hasliberg). Dies in Anlehnung an die klassisch-ökonomischen Nutzenfunktionen des Tourismus: Der Beschäftigungs-, Wertschöpfungs-, regionalen Ausgleichs- und Einkommensfunktion (Bandi Tanner & Müller, 2021). Monika Bandi Tanner, Pascal Troxler

Abgeschlossene Projekte zum Thema Touristischer Strukturwandel

Abgeschlossene Projekte
 Arbeitstitel Fragestellung
Autoren
Output
Die Schlüsselaspekte der Gastfreundschaft auf Hotel- und Destinationsebene Im Kontext der Erlebnisökonomie wird Gastfreundschaft zunehmend als Begeisterungsfaktor für touristische Leistungsträger gesehen. Sie ermöglicht es, sich von Mitbewerbern zu differenzieren. Gastfreundschaft ist als ein mehrdimensionales Konzept zu verstehen, bei dem der Ort, an dem die Interaktion zwischen Gastgeber und Gast stattfindet, eine entscheidende Rolle spielt. Daher wird in dieser Arbeit empirisch untersucht, welche hotel- und destinationsspezifischen Faktoren das Niveau der Gastfreundschaft für Hotels beeinflussen. Monika Bandi Tanner, Sarah Julia Martz-Hämmerli und Romina Weber T-Impuls
Identifying the price of proximity of accomodations to amenities What is the price of distance to touristic amenties in cities and in rural areas? Marcus Roller
Pre-Crisis Determinants of Tourism Resilience Welchen Einfluss haben lokale ökonomische und touristische Strukturen auf die Resilienz der lokalen Tourismuswirtschaft hinsichtlich der Coronakrise? Marcus Roller
Tourism Think Tank zum Strukturwandel Laufend aktualisierte Fragestellungen zum Strukturwandel im Schweizer Tourismus
Monika Bandi Tanner, Marcus Roller Thesenpaper
Digitalisierung im Schweizer Tourismus: Chancen, Herausforderungen, Implikationen
Welche Chancen und Herausforderungen stellen sich der Tourismuswirtschaft aufgrund der Digitalisierung? Monika Bandi Tanner, Therese Lehmann Friedli, Christian Laesser (Uni St. Gallen), Roland Schegg (HES-SO), Andreas Liebrich (ITW Luzern)
Währungsrisikomanagement für die Schweizer Hotellerie: Entwicklung einer Lerneinheit Welchem Währungsrisikotyp lassen sich einzelne Hotels zuordnen und mit welchen Strategien können sie sich absichern? Yelka Eggenschwiler, Monika Bandi Tanner, Therese Lehmann Friedli
The effect of risk factors on Swiss outbound tourism: A panel data analysis  Welche Faktoren beeinflussen die Auslandsreisen der Schweizer?
 Yelka Eggenschwiler, Monika Bandi Tanner T-Impuls
The effect of terrorism in Western Europe on tourism demand for Switzerland  Wie wirken sich terroristische Anschläge in Europa auf die Tourismusnachfrage in der Schweiz aus?
 Yelka Eggenschwiler, Monika Bandi Tanner T-Impuls
How (not) to manage exchange rate risks in the hotel industry: A conceptual framework and multiple case study analysis  Wie kann sich die Hotellerie gegen Währungsrisiken absichern?
 Yelka Eggenschwiler, Monika Bandi Tanner